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Energieräuber:innen: So gehst du ihnen aus dem Weg

Energieräuber:innen nehmen mehr, als sie geben und laugen ihre Mitmenschen aus. Wir zeigen, wie du sie von dir fernhältst und richtig mit ihnen umgehst.

Die schwedische Psychologin und Gesprächstherapeutin Ingalill Roos verwendete den Begriff „Energieräuber“ im Jahr 2014 in ihrem Buch „Energieräuber in Familie, Beziehung und Job erkennen und abwehren“. Ihr 2017 erschienenes Werk „Energieräuber erkennen und abwehren“ fand auch international viel Beachtung.

Merkmale von Energieräuber:innen

Im Allgemeinen schreibt die Autorin den Energieräuber:innen die nachfolgenden Merkmale zu: 

  • Energieräuber:innen beanspruchen für sich die Rolle der Nehmenden.
  • Sie verhalten sich in Beziehungen ausbeuterisch, indem sie die Grenzen von anderen nicht achten. Dadurch verliert der „gebende“ Part, dessen Grenzen nicht geachtet werden, langsam den Zugang zum eigenen Ich.
  • Typisch für Energieräuber:innen ist auch, dass sie anderen Personen Vorwürfe machen, sie beschuldigen oder ihnen ein schlechtes Gewissen einreden.
  • Vielfach erkennst du Energieräuber:innen beispielsweise schon durch bestimmte Kommunikationsprobleme: Oftmals fehlt Energieräuber:innen die Bereitschaft, anderen zuzuhören. Dies äußert sich darin, dass sie anderen Beteiligten oft ins Wort fallen oder ausschließlich von sich reden. Selbst Freunde oder Bekannte, die permanent beklagen, wie schlecht es ihnen geht, können unbewusst zu Energieräuber:innen werden, indem sie die Hilfsbereitschaft ihrer Mitmenschen ausnutzen. 

Achtung: Der Begriff „Energieräuber“ ist keine psychologisch anerkannte Definition. Laien könnten ihr Bild eines:r Energieräubers:in beispielsweise mit ihrer Definition eines oder einer Narzisst:in gleichsetzen, weil diese auch dazu neigen, sich selbst zu überschätzen, andere zu entwerten und nicht zur Selbstreflexion fähig sind.

Auch andere psychische Erkrankungen wie beispielsweise die Borderline-Persönlichkeitsstörung oder das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom könnten von Laien mit Energieräubern assoziiert werden. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass auf keinen Fall alle Menschen mit diesen oder anderen psychischen Problemen Energieräuber:innen sind. Andersherum solltest du keinesfalls Menschen, die du als Energieräuber in deinem Leben identifiziert hast, selbst mit von dir vermuteten Störungen ‚diagnostizieren‘.

Ob das energieraubende Verhalten also von psychischen Problemen herrührt, oder einfach in der Persönlichkeit oder den fehlenden sozialen Fähigkeiten der Person begründet liegt, kann am Ende nur ein:e qualifizierte:r Spezialist:in herausfinden. Es gibt jedoch Tipps, wie du mit den Energieräubern umgehen kannst, um dich selbst zu schonen.

Vom gesunden Umgang mit menschlichen Energieräubern

Um mit Energieräuber:innen richtig umzugehen, empfehlen Medical Coaches wie Jan Ackermann, bestimmte Vorgehensweisen und Strategien anzuwenden:

  • Zunächst sei es entscheidend, Energieräuber:innen als solche zu erkennen und zu „enttarnen“. Zwar gibt es nicht „den oder die“ eine:n Energieräuber:in, wohl aber Personen, die dich auslaugen und deine Grenzen nicht achten. Das können sogar Menschen sein, mit denen du oft zu tun hast und die du sehr gern hast: Beispielsweise Partner:innen mit überhöhten Ansprüchen, Freund:innen, die mehr geben als nehmen oder Chef:innen, die ihre Mitarbeiter nicht gut behandeln. Hast du solche Energieräuber:innen erst identifiziert, solltest du dich fragen: Was gibt dir die Beziehung und ist das Verhältnis von Geben und Nehmen wirklich ausgewogen?
  • Ackermann empfiehlt außerdem, bewusst in dich zu gehen und zu reflektieren. Aus welchem Grund kann dir ein Energieräuber:innen überhaupt so viel abgewinnen? Warum verbringst du viel Zeit mit der Person? Ist dies wirklich nötig oder hast du Probleme dabei, dich von diesen Personen bewusst abzugrenzen?
  • Wenn du merkst, von einem Energieräuber:innen in deiner Umgebung ausgelaugt zu sein, solltest du versuchen, den Kontakt zu reduzieren oder ganz zu beenden. Sollte das nicht möglich oder nicht gewollt sein, ist es sinnvoll, gesunde Grenzen zu setzen und an deinen eigenen Standpunkten festzuhalten. Insbesondere im Umgang mit Energieräuber:innen solltest du keine Angst davor haben, „Nein“ zu sagen und für dich selbst und deine Bedürfnisse einzustehen. Dein Mitgefühl gegenüber Energieräuber:innen sollte also nicht grenzenlos sein.
  • Im Zweifelsfall liegt es an dir, dem:r Energieräuber:in auf einer sachlichen Ebene klarzumachen, dass du an dieser Negativität nicht interessiert bist und/ oder nicht ausgenutzt werden möchtest. Bleibe hierbei sachlich und benenne im Hier und Jetzt die Situation, sodass du Energieräuber:innen gar nicht erst die Möglichkeit bietest, dir weitere Emotionen „abzuverlangen“. Falls auch ein klärendes Gespräch nichts bringt, solltest du innerlich auf Abstand gehen. Vor allem dann, wenn es sich bei dem:r Energieräuber:in um Chef:innen oder Arbeitskollegen:innen handelt, ist es manchmal besser, sich nach einer neuen Stelle umzusehen. Denn die psychischen Folgen, die Energieräuber:innen auf Dauer versuchen, können möglicherweise gravierend sein. Du solltest deshalb abwägen, ob es nicht sinnvoller sein könnte, dich in einem neuen beruflichen Umfeld ohne den negativen Einfluss des:r Energieräubers:in zu entfalten.

Zusammenfassend empfiehlt der Medical Coach vier Strategien und rät dazu, diese gemeinsam oder einzeln abhängig von der jeweiligen Situation anzuwenden:

  1. Lerne, Nein zu sagen, bewusst Grenzen zu setzen und diese auch zu verteidigen.
  2. Reflektiere, warum sich Energieräuber:innen an dich wenden und ob es dir schwerfällt, dich bewusst von anderen abzugrenzen.
  3. Erwäge eine Loslösung von dem:r Energieräuber:in, innerlich oder auch radikal mit einem Kontaktabbruch.
  4. Sprich das Problem auf einer Sachebene an und hole dir, falls möglich, eine dritte „neutrale“ Person als Mediator zur Unterstützung.

Tipp: Falls dir der oder die Energieräuber:in sehr wichtig ist und dir eine klare Entscheidung schwerfällt, solltest du auf objektiver Ebene abwägen, ob es sich noch „lohnt“ in die Beziehung zu investieren. Da man in solchen Momenten dazu neigt, zu verklären, lassen sich auch hier Strategien anwenden: Zum Beispiel Pro- und Contra-Listen, die Perspektive eines „äußeren“ Beobachters oder ein Punktesystem, anhand dessen du eine Gewichtung vornimmst.

Vielleicht kannst du auch Außenstehende wie Freunde und Kollegen bitten, aus ihrer Sicht eine Einschätzung abzugehen. Hilfreich ist es immer, die Komplexität des Problems zu reduzieren und dich auf die wesentlichen Aspekte zu konzentrieren, wie dir auch unsere Tipps, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, zeigen.

Eigene Energieräuber:innen vermeiden und loslassen

Energieräuber gibt es, wie der Medical Coach weiter beschreibt, nicht nur im Außen, sondern auch in uns selbst. Durch schädliche Verhaltensweisen wie Schlafmangel, Alkohol- und Drogenmissbrauch oder anderen selbst-sabotierenden Verhaltensweisen beraubst du dich deiner Energie.

Auch mit überhöhtem Anspruchsdenken, das in Perfektionismus endet, machst du dir unnötig das Leben schwer. Versuche deshalb, ein Stück weit zu selektieren und löse dich von dem Gedanken, alles immer zu 100 Prozent perfekt machen zu wollen. Um der „Perfektionismusfalle“ zu entkommen, raten Psycholog:innen dazu, dir selbst Fehler zu erlauben und sie dir auch innerlich zu verzeihen.

Ein weiterer Tipp besteht darin, dich selbst zu fragen, ob sprichwörtlich betrachtet wirklich die Welt untergehen würde, wenn du diese oder jene Sache nicht zu einhundert Prozent perfekt machst. Expert:innen der Oberberg Kliniken sehen zum Beispiel die „80-Prozent“-Marke als ausreichend an, um Aufgaben zufriedenstellend zu erledigen, ohne dich in Details zu verlieren. Und: Du solltest dir, wie die Fachleute raten, Pausen gönnen und an manchen Stellen einfach loslassen, wenn es doch einmal zu viel wird.

Auch andere schädliche Verhaltensweisen kannst du in den Griff bekommen. Etwa im Rahmen einer gesunden Selbstfürsorge, die dir dabei helfen kann, deinen lebenswichtigen Bedürfnissen Raum zu geben und beispielsweise mehr Schlaf zu bekommen. Wir empfehlen dir eine konsequente Schlafhygiene einzuhalten, um gar nicht erst dauerhaft in die Situation zu kommen, dich müde und energetisch ausgelaugt zu fühlen.

Auch wenn du selbst diejenige Person bist, die anderen scheinbar Energie raubt, kannst du an dir arbeiten. Lege dir beispielsweise eine Dankbarkeitsliste an und lerne Entspannungstechniken, die dir dabei helfen, zur Ruhe zu kommen und im Alltag neue Kraft zu schöpfen. Falls hinter deiner Negativität psychische Probleme stecken, könnte dir auch eine Therapie bei der Selbstreflexion und dabei, achtsamer mit dir und deinen Mitmenschen umzugehen, helfen.